Mittlerweile werden Comics verfilmt, bei denen hätte man es nie und nimmer erwartet. Würde man heute nicht im El Dorado der Comic-Adaptionen leben, hätte es wohl nie einen Film nach Victor Santos‘ POLAR gegeben, der hierzulande bei Popcom erschienen ist, die Leser aber durchaus in zwei Lager spaltete. Die einen mochten den rohen Stil, der ein wenig an SIN CITY erinnert, den anderen war die Handlung viel zu mau. Die von Netflix produzierte Verfilmung steht da auch nicht besser da.
Die Geschichte ist hauchdünn. Ein Auftragskiller steht kurz vor der Pension, da er für eine Firma arbeitet, die ihre Killer mit dem 50. Geburtstag in Ruhestand schickt. Aber da man den altgewordenen Killern jede Menge Pension zahlen muss, hat der Boss sich gedacht: Legen wir doch jeden Pensionär um, dann ist das billiger. Klappt auch bei vielen, aber beim von Mads Mikkelsen gespielten Black Kaiser eben nicht. Der geht nun auf einen Rachefeldzug.
Das wurde im Comic umfangreich ausgebreitet und ist im Film bei einer Laufzeit von fast zwei Stunden ebenso. Das ist von Jonas Åkerlund (LORDS OF CHAOS) stilvoll umgesetzt, die Gewalt wird aber auch auf Teufel-komm-raus zelebriert. In übersättigten Bildern ergibt sich ein steiler, sehr schöner Kontrast, der filmisch wohl erreichen will, was der Comic mit dem Einsatz von nur wenig Farbe geschafft hat.
Im Grunde ist POLAR kein guter Film, aber er ist einer, der gut unterhält – wenn man sich von der Action und den total übertriebenen Darstellungen, hier allen voran Matt Lucas (DOCTOR WHO) als Schurke, mitreißen lässt. Dann ist POLAR sicherlich noch immer kein JOHN WICK, auch wenn der selbst nicht gerade eine komplexe Geschichte zu bieten hatte, aber als an allen Fronten über das Ziel hinausschießender Filmspaß funktioniert er schon.
POLAR ist gut besetzt. Mikkelsen bewegt zwar kaum einen Muskel im Gesicht, lässt aber seinen beeindruckenden Schnurrbart spielen. Katheryn Winnick (VIKINGS) ist halbböse, Vanessa Hudgens liefert eine Natalie-Portman-aus-LEON-DER-PROFI-Gedenkvorstellung ab und die deutsche Ruby O. Fee zeigt sich beim Matratzensport mit hohem körperlichem Einsatz. Zu sehen gibt es also genug, was Möpse und brutale Gewalt betrifft.