In den letzten Wochen sind wieder einige interessante Graphic Novels für jeden Geschmack erschienen – ob Thriller oder Anspruch, die Bandbreite ist enorm.
Einen Politthriller erster Klasse gibt es mit Max Cabanes NADA (35,80 Euro), der hier den gleichnamigen Roman von Jean-Patrick Manchette adaptiert, der 1974 die Vorlage für einen Film von Claude Chabrol war. Es geht um eine linksextreme Terrorgruppe, die im Paris der frühen 1970er Jahre den amerikanischen Botschafter entführt, als der ein Bordell besucht. Der Plan geht auf, doch nun beginnt eine gnadenlose Jagd auf die Terroristen. Obwohl schon mehr als 45 Jahre alt, ist die Geschichte noch immer prickelnd und aktuell, weil die Mechanismen des Terrors, aber auch deren Bekämpfung, bei der Moral und Skrupel schnell über Bord geworfen werden, sich nicht wirklich verändert haben.
CASSANDRA DRAKE (24 Euro) ist das neueste Werk von Posy Simmonds (TAMARA DREWE, GEMMA BOVERY), in dem sie von einer überheblichen Kunsthändlerin erzählt, die Kopien anstelle von Originalen verkauft hat. Das macht ihr erst zu schaffen, als sie gezwungen ist, einen genauen Blick auf sich selbst zu werfen, und das, während sie in einen Mordfall verwickelt wird. Simmonds erzählt gewohnt elegant, humoristisch, menschlich, immer mit genauem Blick auf die Psychologie der Figuren. Interessant ist aber auch die formale Umsetzung, denn Simmonds verbindet hier klassischen Comic mit den Mitteln der Illustration, aber auch des klassischen Romans.
ALPHATIERE (22,80 Euro) ist ein Politthriller um zwei Männer – der eine ist Politiker, der dem Volk das Blaue vom Himmel verspricht, der andere sein Handlanger, der den Dreck aus dem Weg räumt. Stephen Desberg erzählt mit Verve, während er in eine Welt eintaucht, die nach außen so schön aussieht, aber total verrottet ist. HUNGER (30 Euro) basiert auf dem mehr als 130 Jahre alten Roman von Knut Hamsun, den Martin Ernsten in eigenwillige, aber interessanten Zeichnungen umgesetzt hat, die mehrheitlich Schwarzweiß sind, aber auch Farbe ins Spiel bringen.
HEXE TOTAL IN AMSTERDAM (25 Euro) lässt sich kaum in Worte fassen, ebenso wenig wie die Handlung, die von einer Episode zur nächsten springt, während die Protagonisten in die Kifferhochburg Amsterdam reisen, darunter auch Werwolf Jones und seine beiden Jungs Jaxon und Diesel. Die Zeichnungen wirken sehr simpel, die Geschichten sind aber höchst originell und außergewöhnlich, weil sie das Banale mit dem Abstrusen verbinden.
ZUFLUCHT NEHMEN (30 Euro) erzählt vom Afghanistan vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, als eine Schriftstellerin sich in eine Ägyptologin verliebt. Das ist die eine Geschichte, die andere ist die eines Deutschen in Berlin, der sich in die geflüchtete Neyla verliebt. Beide Geschichten werden gegenübergestellt, wobei man spielerisch aufzeigt, wie sehr sich Historie doch gleichen kann. Die Zeichnungen der francolibanesischen Künstlerin Zeina Abirached arbeiten mit starkem Schwarzweißkontrast.
LAYLA (19,80 Euro) erzählt von einer Frau, die nicht nur schön ist, sondern die mit dem blutroten Karfunkelstein um den Hals über erstaunliche Macht verfügt. Die Männer verfallen ihr, so der Jäger Grenoy, aber auch der König Ragnar Falx. Grenoy ist von Laylas Aura fasziniert. Er will ihr Geheimnis ergründen. Die auf fast 100 Seiten erzählte Geschichte ist märchenhaft, aber auch ausgesprochen gewalttätig und wartet mit der richtigen Portion Erotik auf. In Layla verliebt man sich als Leser auch.