Vor mehr als zehn Jahren startete Cross Cult mit einer fünfbändigen Edition des Science-Fiction-Comics ANDRAX, der von Peter Wiechmann geschrieben und vom großartigen Jordi Bernet gezeichnet wurde. Das war eine an und für sich schöne Edition, hatte aber den Nachteil, dass die kleinformatigen Taschenbücher, wie Cross Cult sie damals ausschließlich nutzte, nicht gerade den Zeichnungen gerecht wurden. Etwas, das auch für Bernets Crime-Klassiker TORPEDO galt. TORPEDO erhielt schon vor ein paar Jahren eine großformatige Gesamtausgabe, nun folgt ihm ANDRAX nach.
Montreal, 1976. Michael Rush dominiert als Zehnkämpfer die Olympischen Spiele und gerät so in das Visier des verrückten Wissenschaftlers Professor Magor. Der entführt Rush und lässt ihm mit dem Andrax-Experiment 2000 Jahre lang schlafen, um einen Mann aus der Vergangenheit in die vermeintlich perfekte Zukunft zu senden. Ein Irrtum: Rush findet eine lebensfeindliche und brutale Welt vor, in der vergangene, gegenwärtige und zukünftige Epochen nebeneinander existieren. Nur mit einem Schwert bewaffnet, mit Andrax als neuen Namen und seinem kampfeslustigen Begleiter Holernes an der Seite, stellt sich Rush der albtraumhaften Zukunft.
Die Gesamtausgabe ist im großen Format, auf 777 Exemplare limitiert, hat mehr als 750 Seiten und ist mit einem Preis von 60,– Euro für das Gebotene relativ günstig. Dem Buch vorangestellt ist eine Widmung von Cross-Cult-Herausgeber Andreas Mergenthaler, der von der Zusammenarbeit mit Peter Wiechmann spricht, die weit über ANDRAX hinausging und andere Neu-Editionen seiner klassischen Comics beinhaltete. Eigentlich wollte Wiechmann für die Gesamtausgabe von ANDRAX noch umfassende redaktionelle Texte verfassen, er starb jedoch Anfang des Jahres, weswegen sich Mergenthaler entschloss, die Comics für sich sprechen zu lassen. Etwas, von dem er glaubt, „dass es Peter gefallen hätte“.
Die Geschichten sind klassische Science Fiction mit dem Fisch-auf-dem-Trockenen-Prinzip. Der Großvater dieser Narrative war Buck Rogers, den es 500 Jahre in die Zukunft verschlug, andere wie Mike Grells WARLORD wurden zwar nicht in die Zukunft, wohl aber in eine andere Welt versetzt. Andrax wacht ebenso wie Don Lawrence‘ STORM in einer Endzeit-Zukunft auf, in der prähistorische Tiere leben, in denen aber auch Überbleibsel aus alter Zeit zu finden sind. Die Geschichten sind beste Abenteuerkost – sie sind flott erzählt, phantasievoll und sehr unterhaltsam. Wiechmann schafft es sogar immer wieder mal, die Genre-Grenzen aufzuweichen und lässt seine beiden Helden ein Wild-West-Abenteuer erleben.
Die Zeichnungen von Jordi Bernet, natürlich in Schwarzweiß gehalten, sind hervorragend. Es ist eine Freude, in diesem Band zu blättern. Die Geschichten kann man dabei in fast x-beliebiger Reihenfolge lesen, einen echten Abschluss gibt es nicht – zumindest nicht, wenn man erwartet hätte, dass Andrax in seine Zeit zurückkehrt. Die Gesamtausgabe ist ein prächtiger Band, der beim Lesen richtig, richtig schwer in der Hand liegt.