Zimperlich gehen die Autoren bei Die!Die!Die! nun wirklich nicht vor. Tatsächlich kann Gimple hier einer seiner frühen Leidenschaften frönen, denn wie er im Nachwort zum zweiten Heft zugab, war von frühester Jugend an von Gewalt und Gore fasziniert. Dieser Faszination konnte er schon bei The Walking Dead frönen, hier wird jedoch noch mal eine Schippe draufgelegt, wobei sich Die!Die!Die! sicherlich nicht als dumpfe Gewaltphantasie versteht, sondern das so überbordend darstellt, dass ein gewisser Humor dabei ist – nicht unähnlich Tobe Hoopers Film Texas Chainsaw Massacre 2, der Gimple in gewisser Weise auch inspiriert hat. Zumindest, was die Nasenszene betrifft.
Humor ist bei dieser Serie aber auch wichtig. Der ergibt sich aus kernigen Sprüchen, mit denen die Gewalt etwas aufgelockert wird – oder zynisch untermalt, das hängt wohl vom Blickwinkel des Lesers ab.
Kirkman und Gimple wollten schon lange zusammenarbeiten. Beide lernten sich kennen, als Gimple zu Zeiten der zweiten Staffel von The Walking Dead noch als Autor für die Serie tätig war. Sie verstanden sich prächtig, weil sie beide auch dieselbe Leidenschaft für Comics teilen. Bisweilen besuchten sie gemeinsam einen Comic-Shop, sprachen aber auch ausführlich darüber, welche Serien und sie von welchem Autor am liebsten mochten.
In Kirkman reifte so der Plan, zusammen mit Gimple einen Comic zu machen. Einen, dessen Geschichte groß angelegt ist und mit der Zeit eine echte Evolution durchmacht. Das hatte Gimple in Comic-Form noch nicht gemacht. Die Zeit dafür hatte er, als er beschloss, sich von der Fernsehserie zurückzuziehen.
Beide Autoren gingen die Arbeit an dem Comic ähnlich wie die an einer Fernsehserie an. Sie setzen sich zusammen und entwickeln gemeinsam die Geschichte der nächsten Hefte. Dann geht es daran, die einzelnen Szenen zu gestalten, während man überlegt, wie die eine zur andere führt. Liegt der Plot komplett vor, ist es Kirkman, der das tatsächliche Skript schreibt, aber Gimple ist schon erpicht darauf, dies über kurz oder lang auch zu machen.
Für die graphische Umsetzung entschied man sich für Chris Burnham, für den drastische Gewalt kein Fremdwort ist. Er hat Joe Caseys Miniserie Officer Downe, die später auch verfilmt wurde, umgesetzt und watete dafür knietief durch Blut und Eingeweide. Wenn man diesen Comic kennt, dann hat man in etwa eine Vorstellung, wie Die!Die!Die! aussieht. Kirkman ist von dem Zeichner begeistert, wie er dem Hollywood Reporter verriet: „Chris erschafft unglaublich kinetische Action und wahnwitzige Gewalt, aber wie er emotionale Charaktermomente gestaltet, ist nicht weniger mächtig und eindringlich.“
Für Kirkman war es wichtig, wieder etwas ganz Neues zu machen. Er versucht, mit jeder Geschichte Neuland zu betreten und sich nicht zu wiederholen. Hier war es das Agenten-Genre, dem Gimple und er ihren ganz eigenen Stempel aufdrücken wollten. Das Ziel war, der Geschichte einen ganz eigenen Touch zu verleihen, so wie es Kirkman auch bei The Walking Dead getan hatte.
Kirkman ist immer für eine Überraschung gut, wie die plötzliche Einstellung des Comics The Walking Dead zeigte. Bei Die!Die!Die! soll es nicht anders sein. Zum einen überrascht der Comic, weil die erste Geschichte schon nach drei und nicht nach den üblichen sechs Heften erzählt ist. Dem im Comic-Geschäft etablierten Muster, das ideal für die spätere Verwertung als Sammelband ist, will sich Kirkman verweigern.
Zum anderen ist sich Kirkman jetzt schon sicher, dass das Ende der Serie – wann auch immer es kommen wird – für den Leser ebenso überraschend sein wird wie ihr Debüt. Nur eines ist auf jeden Fall sicher. Dass es auf dem Weg zu diesem Ende für die Protagonisten einen hohen Blutzoll zu zahlen geben wird.