Der britische Autor Jamie Delano schrieb zwischen 1997 und 1998 die zwölf Hefte der Serie 2020 Visions, die der Dantes Verlag in zwei Bänden publiziert. Der zweite ist nun auch erschienen.

Als Delano begann, sich über die damals noch fern erscheinende Zukunft Gedanken zu machen, erschien vieles übertrieben, schlichtweg dystopisch. In mancherlei Hinsicht ist das dieser Comic auch heute noch, in anderer wirkt er schmerzhaft prophetisch. Delano hat konsequent weitergedacht, wie sich die Welt entwickelt, die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgespreizt und die Welt mit einer neuen Seuche überzogen wird. Willkommen im Jahr 2020, in dem Delanos Geschichten über die Verlierer von heute mehr räsonieren, als sie das vor dem Jahrtausendwechsel taten. Er überspitzt in seiner Erzählung des alten Pornografen Woycheck, der krank ist und die Welt der Reichen und Schönen ein letztes Mal ficken will, er überhöht bei der Geschichte über das neue Florida, einem Land der Unfruchtbaren, in dem Babys zu einem Luxusgut geworden sind. Aber er bringt immer auch Nuggets, die effektiv nachwirken.

Details, die erschrecken, weil wir gerade das Jahr 2020 erlebt haben – und Delanos Visionen gar nicht mehr so fern erscheinen. Von Frank Quitely und Warren Pleece (im ersten Band) und Steve Pugh und Jaems Romberger (im zweiten Band) im typischen Vertigo-Flair der 1990er Jahre gehalten, ist 2020 Visions ein grotesker Blick auf die Zukunft, in der wir leben. Eine Geschichte, die in der Tradition von William Burroughs‘ Grotesken steht.

Von Peter

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