Die Hauptfigur von Monster ist vor allem tragisch. Er wird nicht zum Helden, er wird nur zur Frankensteinesken Figur, deren Tragik schon lange vor den unmenschlichen Experimenten beginnt.
Es ist das Jahr 1964. Bailey ahnt nicht, dass er gerade im Begriff ist, sein tragisches Schicksal zu besiegeln, als er ein Rekrutierungsbüro der US-Armee betritt. Verschlossen, beschädigt, unschuldig – auf der Suche nach einer Vergangenheit und Zukunft zugleich. Kurzum: Bobby ist der perfekte Kandidat für ein geheimes Experiment der US-Regierung, die entsetzliche, gottlose Fortsetzung eines Programms für Genetik, das fast 20 Jahre zuvor in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs in Nazi-Deutschland seinen Anfang fand. Sergeant McFarland, Baileys einziger Verbündeter und Beschützer, greift ein, als eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt wird, die sich der Kontrolle aller Beteiligten entreißt.
35 Jahre arbeitete Windsor-Smith an dieser Graphic Novel. Herausgekommen ist ein 360-seitiger Koloss, der auch mit der Art spielt, wie Geschichten erzählt werden. Sie ist linear, führt aber immer weiter in die Vergangenheit. Auf die Ereignisse des Jahres 1964 folgt der Rückblick in die Zeit nach dem Weltkrieg, dann zu den letzten Tagen des Krieges und schließlich zurück an den Anfang. Windsor-Smith schließt den Kreis, führt den Leser aber rückwärts an seine Figuren heran. Man kennt ihr tragisches Ende, bevor man herausfindet, wie schlimm es um ihr Leben wirklich bestellt war.
„Ich habe die Geschichte zahllose Male neu geschrieben und neu gezeichnet“, sagt Windsor-Smith. „Die Figuren, die stark durch ihre Persönlichkeit definiert sind, übernahmen langsam die Geschichte. Ich musste darauf vertrauen, dass ihre Wünsche und Begierden der Schlüssel dazu waren, eine gute Geschichte zu erschaffen. Das zentrale Monster ist am wenigsten entwickelt. Er spricht nicht. Die Leute um ihn herum treiben die Kontinuität an.“ Bailey ist ein Koloss – eine Mixtur aus Frankensteins Monster und dem Hulk. Es sind diese phantastischen Elemente, die Windsor-Smith so hervorragend in seine Geschichte integriert. Im Kern ist Monster ein Familiendrama, aber es sind die phantastischen Elemente der Geschichte, die den Realismus der schmerzhaften Normalität akzentuieren.
Mit Monster, das sowohl sich real, als auch metaphysisch mit den titelgebenden Monstern befasst und diese nicht in der tragischen Kreatur, sondern in den „normalen“ Menschen findet, hat der 71-jährige eine Graphic Novel vorgelegt, die diesen Begriff wirklich verdient. Ein Werk für die Ewigkeit, das Barry Windsor-Smith nicht nur als großen Zeichner, sondern auch Erzähler zeigt.
Im Deutschen ist Plural und Singular von Monster eh gleich 🙂