Nach Jahren des Wartens ist er nun also da – der zweite Teil der Trilogie, die mit SPIDER-MAN: A NEW UNIVERSE im Jahr 2018 begonnen wurde. Der zweite Teil SPIDER-MAN: ACROSS THE SPIDER-VERSE ist jetzt noch größer, wuchtiger, mitreißender, bunter und überraschender. Das schöne Beispiel eines Films, der nicht nur auf dem Vorgänger aufbaut, sondern ihn auch zu übertrumpfen vermag.
Die Geschichte beginnt mit Gwen Stacy, deren Vater nicht weiß, dass sie Spider-Woman ist und sie für den Tod von Peter Parker verantwortlich macht. Ihr bleibt nichts, als die Flucht, und das in ein anderes Universum. Denn Miguel O’Hara hat eine Spider-Society gegründet, die überall im Multiversum unterwegs ist, um zu verhindern, dass die, die von einem Universum ins nächste gehen, Schaden anrichten. Das ist nun auch Gwens Job, doch sie nutzt ihre neue Möglichkeit auch, um Miles Morales zu besuchen, der Feuer und Flamme dafür ist, sich mit Gwen ins multiversiale Abenteuer zu stürzen. Doch er hat keine Ahnung, welchen Preis ihm das abverlangen wird.
Der Film läuft 140 Minuten – und er fühlt sich an, als wäre man gerade mal eine Stunde im Kino gesessen, wenn der Abspann einsetzt. So gut wird man unterhalten. Die Zeit vergeht nicht nur im Flug, sie rast so schnell wie der Flash. Dabei kann man nur bewundern, wie mühelos die drei Autoren die verschiedenen Handlungsebenen und Figuren jonglieren.
Nach dem Anfang mit Gwen nehmen sie sich ebenso viel Zeit, Miles dem Zuschauer neu vorzustellen und zu zeigen, wie der aktuelle Status Quo ist. Das ist auch stilistisch immer wieder schön: So werden Comic-Cover gezeigt, die meistens von echten Heften inspiriert sind. Sie leiten häufig Exposition ein, die dann erklärt, wer die Figur ist. Das hätte ein totaler Showstopper sein können, aber es ist knackig gestaltet, so dass man bei den wichtigen Figuren genug Background bekommt, um ihr Verhalten zu verstehen.
Kühn ist auch die Wahl des Schurken. Es ist Spot, der in den Comics immer eine Lachnummer war und hier von Spider-Man als „Schurke der Woche“ verspottet wird, aber die Löcher, die sich auf Spots Körper formen, machen ihn mächtiger, als es in den Comics je war. Darüber hinaus: Nichts ist hier schwarz und weiß, die Allianzen ändern sich, die Schurken auch, und eine Hauptfigur stellt resignierend fest: „We were supposed to be the good guys – wir hätten die Guten sein sollen.“
Es ist spannend, die vielen verschiedenen Versionen von Spider-Man zu sehen. Hier tummelt sich praktisch jeder Spinnen-Mensch, der je in den Comics vorkam, und dann noch ein Schwung weiterer. Interessant ist dabei auch die Visualität, denn der Film ist zwar computeranimiert, aber nicht alle Figuren sehen deswegen einem Stil folgend aus, sondern können auch klassisch gezeichnet anmuten – etwa Spider-Punk. Das macht den Film optisch auch sehr reizvoll, ebenso wie der Umstand, dass SPIDER-MAN: ACROSS THE SPIDER-VERSE ein Farben- und Bilderrausch ist, der unglaublich intensiv ist.
Der Film funktioniert aber nicht nur in Sachen Action. Er punktet auch bei der Emotion. Die Figuren fühlen sich authentisch an, ihre Gefühlswelt tut es. Sei es Miles, der seine Eltern liebt und sie doch immer anlügen muss, sei es Gwen, die mit dem Tod ihres besten Freundes hadert, sei es Spider-Man 2099, der versucht, alles im Lot zu halten. Diese Figuren haben Herz. Das erfüllt sie mit Leben. Und für die harten Fans gibt es reihenweise Easter-Eggs – ein paar sogar in Realfilmform!
Den Nachspann muss man nicht abwarten, hier gibt es keine weitere Sequenz, nur den Hinweis auf den nächsten Teil.