Erzähl bitte ein bisschen von dir.
Frank Schmolke: Ich habe als Kind schon immer gezeichnet und dann die Comics für mich entdeckt. Ich war immer etwas kränklich und mein Vater hat mir immer die Western wie Blueberry, Comanche und Maccoy und so mitgebracht. Da habe ich dann immer versucht, die Figuren abzuzeichnen. Das waren meine bewussten Anfänge, Comics nachzuzeichnen. Ich hatte nicht die Möglichkeit zu studieren, habe mich aber immer in Comic-Kreisen rumgetrieben, habe Fanzines gegründet und Comics auf kleinerem Wege vertrieben. Selbstkopierte Comic-Heftchen mit 50er-Auflagen, die ich damals verschenkt oder für kleines Geld verkauft habe. So ging das damals bei mir los.
Als du anfingst, war Deutschland die reinste Comic-Diaspora.
Frank Schmolke: Ja, das war so Ende der 1980er Jahre.
Damals gab es für Comic-Zeichner nicht viele Möglichkeiten – insbesondere, wenn man den Vergleich mit Comic-Nationen wie Frankreich und die USA führt. Was treibt einen an, Comics in Deutschland zu machen?
Frank Schmolke: Der Neid (lacht). Wenn man Comic-Zeichner ist, ist das einfach auch ein Stück Selbstausbeutung und der Wunsch, sich verwirklichen zu wollen. Die meisten Comic-Zeichner sind nebenbei noch Illustratoren, machen Workshops und andere Dinge, um ihr Leben finanzieren zu können. Ich habe das Glück, seit drei Tagen praktisch ausschließlich von der Arbeit als Comic-Zeichner leben zu können.
Das ist hierzulande wirklich selten.
Frank Schmolke: Ja, und ich weiß schon, dass das gerade eine Glückssträhne ist und ich irgendwann wieder Illustrationsjobs machen werde. In Deutschland ist es immer noch schwierig.
Konntest Du dann deine Arbeiten der letzten paar Jahre, also beispielsweise Nachts im Paradies, an ausländische Verlage verkaufen?
Frank Schmolke: Bis jetzt in der Tat noch nicht. Es gibt Gespräche mit Casterman wegen Nachts im Paradies, und auch wegen Freaks.
Trabanten war 2013 die erste große Graphic Novel. Wie kam es dazu?
Frank Schmolke: Ja, davor habe ich viel bei Anthologien und in Fanzines mitgemacht, z.B. bei Tentakel, das ich mitgegründet hatte. Trabanten war meine erste größere Graphic Novel. Da bin ich ewig drangesessen. Der Stoff ist ein bisschen autobiographisch und es war mir einfach ein Bedürfnis, diese Geschichte zu erzählen.
Wie motiviert man sich da, bei der Stange zu bleiben, wenn ein umfangreiches Projekt so viel Zeit in Anspruch nimmt?
Frank Schmolke: Bei Trabanten waren es sieben Jahre. Ich habe angefangen und in der Mitte gemerkt, dass sich mein Stil völlig verändert hatte, wenn man die ersten Seiten mit denen der zweiten hundert Seiten vergleicht. Ich habe dann noch mal von vorne angefangen. Die Motivation ist wahrscheinlich einfach Mitteilungsbedürfnis. Nebenbei musste ich natürlich andere Jobs machen. Damit ist die Stimmung für die Arbeit am Comic nicht immer da, so dass ich mich manchmal auch zwingen musste, mich in die Welt von Trabanten zurückzubegeben. Bei meinen letzten beiden Projekten, Freaks und Der Augensammler, war das anders. Da wurde ich bezahlt und konnte pro Buch ein Jahr lang daran arbeiten. Das ist schon was anderes, als wenn man nur dann, wenn man immer etwas Zeit hat, an deinem Comic rumschraubst.
Das nächste große Werk war Nachts im Paradies. Der Comic erschien 2019. Hast du sechs Jahre daran gearbeitet?
Frank Schmolke: Ja, das war auch eine Zeit, in der es mir nicht so gut ging, auch finanziell. Ich bin da Taxi gefahren, was ich schon Jahrzehnte zuvorgetan hatte. Damals wollte ich schon mal einen Comic über das Taxifahren machen, aber da war ich noch nicht so weit. Dann war die Zeit jedoch reif und es sind während der Oktoberfestzeit einige Dinge passiert. Ich hatte auch eine Wut auf diese Stadt und auf so viele Dinge. Das alles ist in Nachts in Paradies aus mir herausgebrochen. Ich habe damals sogar im Taxi die Skizzen gemacht und direkt nach dem Nachhausekommen daran weitergearbeitet. Mein damaliger Verleger David Basler hat gemeint, als er die Seiten gesehen hatte: „Das kriegst du nicht verkauft, der ist ja total unsympathisch.“ Aber das hat mich nicht aufgehalten. Es hat mich auch selbst ein bisschen gewundert, dass ich so leidensfähig war und das durchgezogen habe. Dass der Comic dann so einschlagen würde, hätte ich nie gedacht. Es war einfach die richtige Zeit für diesen Comic. Es ha einfach gepasst.