Nachts im Paradies wurde im Feuilleton rege diskutiert. Du warst plötzlich so etwas wie das neue Wunderkind des deutschen Comics. Wie war das für dich, als du plötzlich so viel Aufmerksamkeit bekommen hast?
Frank Schmolke: Komisch. Ich habe mich natürlich total gefreut, aber zeitgleich, als der Comic rauskam, ist meine Mutter verstorben. Da hatte ich dann ganz andere Sachen im Kopf und es dauerte, bis ich den Erfolg des Comics genießen konnte. Für mich war das aber auch surreal, weil ich kein junger Comic-Zeichner bin, sondern schon ein paar Jahre auf dem Buckel habe und damit nicht mehr rechnete. Aber es hat mich natürlich gefreut.
Das ist so ein bisschen wie die Geschichte eines Erfolgs, der von außen so anmutet, als sei er über Nacht gekommen, während ausgeblendet wird, dass Jahrzehnte der Arbeit zuvorkamen.
Frank Schmolke: Genau. Ich war darum auch irgendwie misstrauisch, auch mir selbst gegenüber, da ich mir die Frage stellte, ob ich jetzt so eine Art One-Hit-Wonder war und dann gleich wieder vergessen würde. Für mich war es, denke ich, ganz gut, dass ich schon etwas älter bin und dann auch direkt weitermachen konnte. Vielleicht wäre ich in jüngeren Jahren nicht reif genug gewesen oder hätte dann einen anderen Weg verfolgt.
Nur ein Jahr nach Nachts im Paradies kam Freaks. Ein ungewöhnliches Werk, weil die Graphic Novel zeitgleich mit dem Netflix-Film entstand. Wie kam es denn zu dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit?
Frank Schmolke: Nachts im Paradies war fertig und dann kam die Anfrage von dieser Filmproduktion, ob ich Lust hätte, das Drehbuch des Films zu adaptieren – und zwar zeitgleich mit der Entstehung des Films. Die Idee war dabei, dass ich keine Setfotos sehen oder den Set besuchen würde oder überhaupt viel über den Film wissen sollte, außer eben dem Drehbuch. Die Deadline war relativ eng. Ich hatte etwa ein Jahr Zeit für immerhin 250 Seiten. Das war ein interessantes Projekt und für mich auch eine gute Ablenkung von Privatem. Freaks war eine Auftragsarbeit – und da hatte ich Glück. Sonst hätte ich wieder mit eigenen Projekten schauen müssen, wohin der Weg führt. Als ich mit dem Comic fertig war, kam der Film. Von dem war ich ziemlich enttäuscht.
Den Comic fand ich auch besser, er geht psychologisch mehr in die Tiefe.
Frank Schmolke: Für mich war es ein interessantes Experiment. Als Freaks fertig war, kam auch gleich die Anfrage vom Splitter Verlag, ob ich denn Lust hätte, ein Buch zu adaptieren. Da war noch gar nicht die Rede davon, dass es sich um einen Roman von Sebastian Fitzek handelt. Das ergab sich später. Dabei wusste ich auch nicht, wer Fitzek ist. Ich hatte den Namen zwar schon mal gehört, aber nie was von ihm gelesen. Als ich das dann zuhause beim Abendessen davon erzählte, meinte meine große Tochter, dass der total bekannt ist und ich das unbedingt machen muss. Sie hatte auch einen von seinen Romanen, den ich mir dann zu Gemüte geführt habe. Ich las auch ein bisschen über Fitzek und merkte, dass er sehr viele Fans hat. Anfangs war ich mir nicht sicher, ob ich das machen wollen würde, aber letztlich fügte sich alles von einem Projekt zum nächsten.
Ich möchte noch mal kurz auf Freaks zurückkommen. Die Geschichte ist in sich stimmig und abgeschlossen, aber hättest du Lust auf eine Fortsetzung?
Frank Schmolke: Nein. Da haben mich schon einige Leute drauf angesprochen, aber eher nicht. Am liebsten wären mir jetzt wieder ein paar eigene Projekte. Aktuell ist jetzt aber der zweite Teil von Der Augensammler im Gespräch. Da müssen wir aber jetzt erstmal kucken, wie der sich verkauft. Aber Freaks als Thema ist für mich eigentlich durch. Natürlich könnte man die Geschichte aber weitererzählen.
Als deutsches Superheldenuniversum.
Frank Schmolke: Ja. Aber ich habe da bei den Kritiken ja auch einiges an Prügel eingesteckt. Einige meinten, deutsche Superhelden funktionieren einfach nicht und wären dermaßen unsexy. Mir sind solche Kritiken eigentlich egal, aber es ist schon ein bisschen was dran. Ich bin kein Superheldenleser und kenne mich mit den Universen auch nicht aus. Ich würde jüngst von jemandem gefragt, ob ich mich bei der Gestaltung der Freaks am klassischen 9-Panel-Layout orientiert hätte, aber ich wusste gar nicht, was damit gemeint ist. Vielleicht habe ich instinktiv Dinge gemacht, die für das Genre passen, aber ich war nie ein großer Leser von Superhelden-Comics. Als Kind habe ich mal hier und da ein Superman-Heft gelesen, aber das war es auch schon. Ich kenne mich weder mit Marvel, noch mit DC aus.
Deutsche Superhelden klingen auf den ersten Blick natürlich ein bisschen spießig, allerdings pflegst du ja auch einen Stil, den man normalerweise nicht mit dem Genre in Verbindung bringt.
Frank Schmolke: Danke, so habe ich mir das auch vorgestellt. Aber ein Verkaufserfolg war der Comic nicht. Wenn es um meine Vita geht, reden die meisten von Nachts im Paradies, aber die Freaks fallen hinten runter. Ich mag das Buch schon, aber ich würde da jetzt nicht nochmal 250 Seiten machen wollen.