Das dritte große Werk von Alfonso Font ist Jon Rohner, eine Geschichte, die auf drei Alben angelegt ist (1990-1991 bei Ehapa veröffentlicht, als Gesamtausgabe 2008 bei Kult Editionen erschienen). Erneut wechselt Font das Genre, diesmal ist es das Abenteuer, das es ihm angetan hat, mit einem Helden, der ein wenig an Corto Maltese erinnert, so wie Fonts Zeichenstil dem von Hugo Pratt näherkommt.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts erlebt Jon Rohner exotische Abenteuer in der Südsee, gespickt mit Liebschaften, Emotionen, Intrigen und allerhand Action. Die einzelnen Alben beinhalten abgeschlossene Geschichten, die vor allem dem Abenteuergeist von Geschichtenerzählern wie Jack London oder Robert Louis Stevenson folgen, den gesellschaftspolitischen Ansatz früherer Alfonso-Font-Arbeiten aber weitestgehend vermissen lassen.

Übrigens lässt er in diesen Geschichten auch Stevenson und seine Frau auftreten, die seinerzeit in der Südsee lebten.

Von John Sinclair über Historisches bis nach Barcelona

Font war und ist sich für Auftragsarbeiten nicht zu schade, auch wenn er sie nicht allzu häufig annimmt. Nach  einem Skript von Ewald Fehlau zeichnete er aber die erste Comic-Adaption der langjährigen Romanheft-Figur John Sinclair. Das Heft Geisterjäger John Sinclair 1 erschien bei Bastei im Jahr 1999.

Im selben Jahr publizierte Arboris Bri d’Alban 1 – Der Verfluchte, eine Geschichte, die im Spanien des 12. Jahrhunderts spielt. Es blieb bei diesem einen Album. Font war zudem in dem Jahr in der 2.000 Seiten umfassenden Comic-Sammlung Comix 2000 vertreten, in der mehr als 300 Künstler aus 30 Nationen Geschichten zum Thema Jahrtausendwechsel verfasst haben, die allesamt ohne Text auskommen und somit universell verstehbar sind. Es war und ist ein gigantisches, fast drei Kilogramm schweres Werk, das eine Vielzahl unterschiedlicher und faszinierender Geschichten in den diversesten Stilformen zu bieten hat. Eines Alfonso Fonts ist ein solches Projekt mehr als würdig gewesen.

Kult Editionen publizierte im Jahr 2008 nicht nur eine Gesamtausgabe von Jon Rohner, sondern präsentierte auch das seinerzeit neue Werk Barcelona im Morgengrauen, bei dem Font nur als Zeichner, nicht jedoch als Szenarist agiert. Geschrieben wurde der Comic  von Juan Antonio de Blas.

Es ist eine faszinierende Geschichte, die der Autor hier ersinnt: Vier Leichen werden im Hafen von Barcelona angespült. Der Journalist Pere Marsé untersucht den Fall und stellt im weiteren Verlauf fest, dass er offensichtlich nur die Oberfläche einer gigantischen Verschwörung angekratzt hat, deren Ausgangspunkt nicht nur krimineller Natur ist, sondern zutiefst politischer Art.

Dies ist packendes, gesellschaftspolitisch interessantes und somit ganz auf Fonts Wellenlänge liegendes Szenario, welches auf wahren Begebenheiten beruht und von den Ereignissen erzählt, wie sie in den frühen 1920er Jahren in Barcelona stattfanden. Diese Geschehnisse waren der direkte Grund dafür, dass Hitler mit seinem versuchten Putsch am 8. November 1923 scheiterte.

Gegenwart und Zukunft

Weitere Arbeiten des Spaniers sind zwei Kurzgeschichtensammlungen, die es in sich haben. Dark Stories erzählt sieben Geschichten, die aus dem Leben gegriffen sind, die jedoch mit dem grimmigen Humor aufwarten, den nur das Leben selbst schreiben kann. Tales of an Imperfect Future ist eine Kollektion von Science-Fiction-Geschichten.

Es sind Geschichten, die von einem Außerirdischen erzählt werden, der vor den Gefahren warnt, die der Menschheit droht, wenn sie weiterhin so dumm und selbstsüchtig handelt. Mit ihnen bringt sich der Mensch nicht nur selbst, sondern auch gleich noch das Universum in Gefahr. Aber die Fragmente, die der Außerirdische zeigt, regen zum Nachdenken an. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, vielleicht ist dieser Geist einer außerirdischen Weihnacht gerade noch recht gekommen.

Font befasst sich hier mit der Umweltverschmutzung, die einen unbewohnbaren Planeten zurückgelassen hat, mit der destruktiven Kolonisation der Galaxie, mit dem Auslöschen und dem Ausschlachten niederer Menschenrassen, deren Organe für die herrschende Kaste vorgesehen sind, mit Robotern als Partnerersatz und vielem mehr. Es sind die Geschichten, die Font schon immer am Meisten am Herzen lagen. Solche, die etwas aussagen, ohne zu predigen, die zeigen, ohne zu urteilen, die den Leser auffordern, sich selbst Gedanken zu machen.

Diese beiden Kompilationen liegen noch nicht in Deutschland vor – ein bedauernswerter Umstand. Aber vielleicht auch einer, der sich ändern lässt, sollte der eine oder andere Verleger durch diesen Artikel auf das zwar überschaubare, aber bemerkenswerte Werk von Alfonso Font aufmerksam geworden sein. Diese Kompilationen, aber auch Das Goldene Vlies und Das Labyrinth des Drachens haben längst Gesamtausgaben verdient, ganz zu schweigen von den Arbeiten Alfonso Fonts, die es noch gar nie in deutscher Sprache gegeben hat.

Von Peter

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